zurück

Feuer – (k)eine Chance für die Gottesanbeterin?

Populations- und Larvalökologie von Mantis religiosa auf Rebböschungen am Kaiserstuhl

 



Dipl.-Landschaftsökologe Christian Stärz hat die oben genannte Diplom-Arbeit am Institut für Landschaftsökologie der Universität Münster (Erstbetreuer: PD Dr. Fartmann) in Kooperation mit der Arbeitsgruppe für Tierökologie und Planung J. Trautner in Filderstadt (Zweitbetreuer: Matthias Buchweitz) erstellt.

Die Gottesanbeterin Mantis religiosa zählt in Deutschland zu den gesetzlich besonders geschützten Arten (BArtSchVo). Sie erreicht in Süddeutschland ihre nördliche Arealgrenze und wird bundesweit als gefährdet eingestuft. Seit dem Jahr 2000 wird im Kaiserstuhl der kontrollierte Feuereinsatz als Pflegetechnik zur Offenhaltung der Rebböschungen erprobt. Die Auswirkungen des winterlichen Brennens auf die Gottesanbeterin und ihren Lebensraum waren bislang allerdings unbekannt. Daher musste das Brennen der Rebböschungen kritisch hinterfragt werden:

Wie stark ist Mantis religiosa vom Feuereinsatz betroffen?

Da ein Großteil der Lebensräume in grasreichen und somit gut brennbaren Böschungstypen liegt, ist grundsätzlich von einer Beeinträchtigung der Gottesanbeterin auszugehen. Jedoch ist nicht die gesamte Population im Kaiserstuhl vom Feuereinsatz betroffen. Rohbodenreiche und lückige Strukturen sind entweder aufgrund spärlicher Vegetation nicht brennbar oder stehen laut Gesetz unter Schutz (Naturschutzgebiete, geschützte Biotope).

Wie beeinflusst das Feuer die Entwicklung der Larven?

Obwohl die äußere Isolierschicht der Ootheken (Eigelege) die extreme Hitze des Feuers etwas abpuffern kann, wirkt sich das Brennen negativ auf die Eier aus. In den gebrannten Flächen schlüpfen im Vergleich zu ungeflämmten Böschungsteilen nur halb so viele Larven aus den Ootheken.

Können gebrannte Flächen wiederbesiedelt werden?

Bereits im Larvenstadium findet eine Wiederbesiedlung der meisten Brandflächen durch die Gottesanbeterin statt. Auch im weiteren Jahresverlauf lassen sich ausgewachsene Tiere und neue Eigelege in den Brandböschungen finden. Die Wiederbesiedelung ist auch mittelfristig erfolgreich, wie Untersuchungen aus den Folgejahren zeigen.

Wie wirkt sich die durch das Feuer verursachte strukturelle Veränderung der Biotope auf die Lebensräume von Mantis religiosa aus?

Die im Winter gebrannten Flächen weisen in der darauf folgenden Vegetationsperiode höhere Individuendichten der Gottesanbeterin auf als dies in Brachen der Fall ist. Selbst bei einer vollständigen Vernichtung aller Ootheken durch das Feuer werden die Verluste auf den Brandflächen langfristig durch die Schaffung niedrigwüchsiger und offener Böschungen kompensiert oder sogar überkompensiert.

Fazit

Die direkte Hitzeeinwirkung des Feuers wirkt sich negativ auf die Embryonalentwicklung der Gottesanbeterin aus und verursacht Populationsrückgänge. Jedoch ist durch das Flämmen kein nachhaltiger Verlust der Lebensräume zu erwarten, und es besteht die Möglichkeit der Wiederbesiedelung. Die durch das Brennen geschaffenen lückigen und grasreichen Pionierstadien bilden für Mantis religiosa optimale Lebensräume und spielen eine wichtige Rolle für die Sicherung des Bestandes. Auf der Grundlage dieser Untersuchungen kann die Gottesanbeterin in den Kaiserstuhlböschungen weitgehend als „feuerresistent“ bezeichnet werden. Dies gilt jedoch nur für das winterliche Brennen und sofern in jedem Jahr nur einzelne Teilflächen geflämmt werden.